Aus unserer Geschichte

IMG_6754_2Wie ich den Waldkindergarten seine Entstehung, dessen Weiterentwicklung und  als Mitarbeiter “der ersten Tage” bislang erlebt und empfunden habe.

Im Sommer 2002, der Kindergarten befand sich im Aufbau, bewarb ich mich um eine Stelle. Offen gestanden gab es schon bessere Zeiten in meinem Leben, zudem war ich arbeitslos. Auf meine Nachfrage teilte mir einer der Gründungsväter und späterer Vorstand mit, man habe sich in der Elternschaft für eine junge Frau entschieden! Schade (!)… enttäuscht, aber geistesgegenwärtig teilte ich noch meine Telefonnumer mit unter dem Gesichtspunkt der ausstehenden Probezeit der Bewerberin. Schließlich kann man ja nicht wissen … dachte ich insgeheim bei mir.

Zu meiner Freude erhielt ich einige Tage später die Nachricht, bei Interesse möge ich mich doch noch vorstellen, da die besagte Bewerberin sich doch noch anders entschieden habe. Glücklicherweise kamen die damaligen Eltern und ich zusammen. Dies ist für mich bis heute ein immer noch währendes Glück, ein Geschenk von höchstem Wert!  Als ich zum ersten Mal das Gebäude in Blankenfelde betrat, die vielen Bäume, Sträucher, das alte Fachwerkhaus und den Schuppen sah, war ich tief ergriffen und beflügelt von der positiven Energie, die dieser Ort auf mich ausstrahlte. In der Folgezeit haben die Eltern sowohl (auch teilweise meine späteren Helfer/-innen und ich) den Schuppen zu einem kleinen, dennoch gemütlichen Ort der Begegnung von Kindern, Eltern, Betreuern und Interessenten ausgebaut.

Der Kommentar der angrenzenden Nachbarn lautete: ” Da wollen ein paar Verrückte aus einem Kohleschuppen einen Kindergarten machen!” Doch die Frage nach dem großen Fachwerkhaus stellte sich zu Anfangs für uns nicht! Es waren wahre Pionierzeiten. Kein Strom, kein Wasser, Kerzenlicht, im vorderen Bereich keine Fenster, ein erster harter Winter.

Tolle Eltern, viel Energie, guter Wille und das Ziel, die ersten 9 Kinder gut durch die Jahreszeiten, draußen im Wald zu begleiten halten uns dabei. Mit aller Hilfe, viel Kraft und Freude. Die Gruppe wuchs auf zunächst 12, nachfolgend auf 15 Kinder an. Nicht nur in Pankow wurden Eltern auf uns aufmerksam. Gründe hierfür waren und sind noch immer: die Erfahrungen, die Kinder machen in der freien Natur, im Naturschutzgebiet, am See, die frische Luft, die Förderung der Motorik, das Gruppenleben im Verlaufe der vier Jahreszeiten und letztendlich unser Konzept.
Es stellte sich aber auch heraus, daß mit  fünfstundigen Betreuungszeit, zumindest keine Alleinerziehenden das notwendige Brot zum Leben verdienen konnten. Das hatte eine Neuorientierung und die damit verbundene Schaffung von Platz und Raum zur Folge. Auch kam die berechtigte Frage auf: “Sind wir dann noch ein Waldkindergarten?” Ein weiteres Mal hatten wir Glück. Es fanden sich Räume im Stadtgut Blankenfelde. Diese wurden  mit Spendengeldern, Zuschüssen der Eltern und deren körperlichen Einsatz ausgebaut und hergerichtet. Seit dem Sptember 2007  gibt es sogar, ebenfalls von Eltern des Waldkindergartens ins Leben gerufen und aufgebaut, die FREIE Naturschule im Stadtgut. Aus meiner Sicht und von Anfang an dabei, ein großer Erfolg und Gewinn!
Wir haben uns im Verlaufe der neun Jahre zu einer stattlichen Einrichtung mit derzeit 34 Plätzen, sechs festangestellten Pädagogen, Praxisstellen (Erzieherpraktikanten, FÖJler) gemausert. Wir werden neben der Kinderbetreuung und der Zusammenarbeit mit der Schule auch noch Freizeitangebote für Jugendliche und Weiterbildung im Bereich der Wildnispädagogik für Erwachsene, speziell Erzieher/innen anbieten.
Die bislang gemachten Prozesse haben viel Mut, Kraft, Zuspruch aber auch Tränen, Abschied, Weggang einiger Eltern und Neuorientierung zur Folge gehabt. Ein lehrreicher Prozess, wie ich finde. Auch haben wir festgestellt, das wir das Modell der Elterninitiative neu bewerten und überdenken müssen. Ebenfalls wird unsere Mitarbeit im Vorstand bzw. unsere Mitbestimmung, die Zukunft und Ausrichtung der Einrichtung betreffend, notwendig. Für alle Beteiligten ein erneuter Lernprozess der Besonnenheit, eine klare Sichtweise, Mut zu Veränderungen aber auch Abschied von teilweise liebgewonnenen Gewohnheiten bzw. Annehmlichkeiten bedeutet.
Nächstes Jahr gehe ich in den Ruhestand. Dann habe ich insgesamt nahezu 30 (!) Jahre nach bzw. neben meiner Ausbildung zum Lehramt für Bildende Kunst in der Pädagogik gearbeitet. Mit Fug und Recht behaupte ich, meine besten, lehrreichsten und tiefgehendsten Erfahrungen sind die Jahre im Waldkindergarten. Mein Dank gilt allen Kindern, deren Eltern und meinem mir liebgewonnenen Kolleg/innen und Auszubildenden. Nicht zuletzt sind die vielen Interessenten teilweise aus anderen Ländern in Europa aber auch Asien (Korea und Japan) kommend, zu erwähnen. Danke für die vielen Gespräche, Zuspürhcne, die Briefkontakte, die Besuche. Für mich stets besondere Erlebnisse.

Abschließen möchte ich festhalten, daß durch meine wunderbare Abreit ich einen Teil meiner Kindheit nochmals erleben kann. Will sagen, bin selbst noch mal “Kind”, kann mich gut hineinversetzen. Die Welt da draußen mit den Kindern, die Naturerfahrungen, sind Teil meines Lebens geworden. Nicht zuletzt der Grund dafür, dass ich vor drei Jahren meinen Lebensmittelpunkt von der Stadt nach hier draußen in Blankenfelde verlegt habe. Ich bin froh über diese Entscheidung!

Mit besten Grüßen und großer Verbundenheit

Andreas, der alte graue Bär im September 2011